Klaus Wiesingers Ziegen haben wahrlich keinen Grund zu meckern. Auf seinem Biohof in Oberösterreich goutieren die Tiere ihr artgerechtes Leben mit bester Ziegenmilch.
Text & Fotos · Sonja Planeta
„A Goas bleibt a Goas.“
Josef Stöckl, Obmann Landesverbands für Ziegenzucht und -haltung OÖ
Es ist verdächtig ruhig am Ziegenhof von Klaus Wiesinger im oberösterreichischen Hirschbach im Mühlkreis. Nur entfernt lugt der reinweiße Kopf einer Saanenziege aus der Stalltür, den Blick neugierig auf die Besucher gerichtet. „Ziegen haben einen starken Charakter, sie mögen weder Hitze noch Nässe. In die Sonne gehen sie nur mit Bestechung“, erklärt Josef Stöckl, Obmann des Landesverbands für Ziegenzucht und -haltung in Oberösterreich in Anspielung auf das passende Futterangebot. Und davon ist auf dem 20 Hektar großen Grund der Wiesingers ausreichend vorhanden. Auf den sanften Hügeln rund um den Hof erstrecken sich saftige Wiesen, angereichert mit Klee und Kräutern wie Giersch und Spitzwegerich, der sich für die Verdauung der Ziegen als besonders förderlich erwiesen hat. „Die Zusammenstellung der Wiese erfordert viel Fingerspitzengefühl. Passt sie nicht, gibt es eine Nachsaat: Brauche ich mehr Klee, mehr Gräser?“, erzählt Josef Wiesinger. 2010 hat er den Hof an seinen Sohn Klaus übergeben, der den Betrieb innerhalb weniger Jahre von konventioneller Kuh- auf biologische Ziegenhaltung umgestellt hat. 134 Ziegendamen zählt Wiesinger heute, dazu kommen zwei Böcke und rund drei Dutzend Zicklein. Sein Wissen über die Tiere sowie über Milch und Heufütterung hat sich der gelernte Fliesenleger selbst angeeignet, teils auch durch Besuche in Molkereien und auf anderen Höfen, die sich auf Ziegenheumilch spezialisiert haben. Mittlerweile zählt Klaus Wiesinger mit seinem Bioziegenhof zu den führenden Betrieben in Oberösterreich.
„80 Prozent der Ziegenmilchproduktion in Oberösterreich sind biologisch“, weiß Josef Stöckl. „Wichtig ist zu wissen, wie die Leute am Hof ticken, dann weiß man auch, was mit dem Betrieb möglich ist.“ Bei Wiesinger reicht das Potential sogar für eine Kooperation mit Ja! Natürlich: Seine Ziegenheumilch wird vom heimischen Bio-Pionier „pur“ angeboten und zu Joghurt, Frischkäse, Topfen und Camembert verarbeitet. Was mit den Produkten schließlich in der Küche möglich ist, demonstrierte Weinschenke-Mastermind Nikolai Kölbl im Rahmen der Eventreihe „Aus Bauernhand“ an einer langen Tafel im Innenhof von Wiesingers Dreiseithof.
Nikolai Kölbl wuchs in Berlin-Kreuzberg auf, lernte und arbeitete als Koch an einigen der besten Adressen Berlins und übersiedelte schließlich der Liebe wegen nach Wien. 2010 heuerte er in der Weinschenke nicht unweit des Naschmarkts an. Innerhalb von drei Jahren krempelte Kölbl das Konzept von einer Art Stadtheuriger zum vielgelobten Burger-Laden um. Erst kürzlich eröffnete der Wahl-Wiener, der vom Koch auch zum Miteigentümer avancierte, eine zweite Dependance am Wiener Karmelitermarkt. Da wie dort kommt in Kölbls Burger ausschließlich hochwertiges Rindfleisch vom Hödl – wohl auch mit ein Grund, warum das Kochen mit Zickleinfleisch für ihn bislang kein Thema war. „Ich gebe zu, ich habe noch nie mit Ziege gekocht“, verrät Nikolai Kölbl vor den geladenen Gästen. „Das Chili mussten wir leicht abändern, da ich die Garzeiten unterschätzt habe. Das Fleisch ist vom Knochen gefallen, keine Chance, es noch zu grillen.“ Was dem Gericht aber keinen Abbruch tut. Nach grüner Gazpacho mit Fenchel-Salsiccia vom Zicklein, Senf Erdbeeren mit Ziegenkäse und frischen Kräutern und Erdäpfel-Sellerie Mille Feuilles mit Hummus von grünen Erbsen und Kohlrabi Salat serviert Kölbl eben kurzerhand Chili con carne von heimischen Bohnen mit Ragout vom Zicklein. Einige wenige „robustere“ Stücke landen aber schließlich doch noch am Grill und mit angenehmer Rauchnote am Chili. Womit „Burgermeister“ Kölbl seine Wandlungsfähigkeit an diesem Nachmittag eindrucksvoll bewiesen hätte.