Alexandru Simon hat ein natürliches Talent bei der Zubereitung von Speisen. Das hat er von seiner Oma. Als Küchenchef im At Eight lässt er sie kulinarisch hochleben.
Text · Sonja Planeta
Fotos · Stefan Gergely
„Meine Inspiration sind die Menschen und Kulturen der unterschiedlichsten Länder, in denen ich gelebt und gearbeitet habe.“
Alexandru Simon, At Eight Restaurant & Bar
Es gibt sie zahlreich: Köche, die mit ihren Gerichten beim Gast Kindheitserinnerungen wecken wollen. Sören Herzig macht das auf pikante Weise mit Fine-Dining-Versionen von Pasta Carbonara und Toast Hawaii, Tian-Pâtissier Thomas Scheiblhofer wiederum auf die süße, indem er Mehlspeis-Klassiker wie Cremeschnitte oder Schwarzwälder-Kirschtorte neu interpretiert. Voraussetzung, damit der kulinarische Backflash gelingt, sind positiv besetzte Gerichte, die in der heimischen Küche tief verwurzelt sind oder hierzulande generell häufig auf den Tisch kommen. Eine Erklärung am Gast ist meist überflüssig. Stattdessen reicht oft der erste Bissen, um Erinnerungen an vergangene Tage wachzurufen. Es gibt aber wiederum auch Köche wie den in Frankreich geborenen Alexandru Simon, aktuell Küchenchef im At Eight Restaurant & Bar im Wiener Ringstraßenhotel The Ring, die sich den Geschmack ihrer eigenen Kindheit auf den Teller holen. Damit der heimische Gast die Begeisterung für das ihm bis dato unbekannte Gericht allerdings teilen kann, muss er erst die Geschichte dahinter kennen.
Geboren in Straßburg in Frankreich, aufgewachsen in Hermannstadt (Sibiu) in Rumänien, wird Alexandru Simon von den multikulturellen Einflüssen seiner Familie stark geprägt. Seine Mutter, selbst gelernte Köchin, vor allem aber seine rumänische Großmutter, machen den jungen Simon bereits früh mit Geschmäckern vertraut, die ihn durch seine Lehrjahre in Österreich und der Schweiz hindurch noch bis heute begleiten. Besonders deutlich zeigt sich das bei seinem Gericht „Schweinebauch | Pulpo | Coco-Bohne | Piment D’Espelette“, das Simon zu seinem Einstand im At Eight auf die Karte setzt: Es ist eine kulinarische Verneigung vor seiner mittlerweile verstorbenen Großmutter und eine Hommage an ein vermeintliches Arme-Leute-Essen, das seine Oma oft für die Familie zu kochen pflegte. Name und Rezept sind nicht überliefert, wohl aber die Originalzutaten: Cocobohnencreme, Paprikaöl, Bauchspeck.
Alexandru Simon holt das Gericht ins Hier und Jetzt und verpasst ihm seine eigene Handschrift; eine, die in der französischen Küche verwurzelt, aber international geprägt ist. Der Schweinbauch wird 48 Stunden mariniert, gegart und vor dem Servieren scharf angebraten. Der Pulpo wird im Gewürzfond gekocht, die Coco-Bohne ausgelöst und pur sowie als Creme auf dem Teller angerichtet. Anstelle des Paprikaöls rückt das Fett ausgelassener Chorizo, das mit Piment d’Espelette verfeinert wird. Im PR-Jargon würde man wohl sagen: Traditionelle Küche modern interpretiert. Verallgemeinern lässt sich das allerdings nicht. Simons Kochstil ist weltoffen und betont lässig, in der Ausführung jedoch höchst präzise und diszipliniert umgesetzt. Eben so, wie er es von seiner Familie und anderen kulinarischen Wegbegleitern gelernt hat.