Über Generationen bestehen

Oberösterreich beherbergt rund 3.900 Bio-Betriebe, mehr als die Hälfte allein im Mühlviertel. Einer davon gehört Edmund Wall: Auf seinem Schwarzbergerhof produziert er Gourmet-Biofleisch aus ethischer Freilandhaltung.

Text · Sonja Planeta
Rezept · David Krieger & Simon Wöckl
Fotos · Alexander Firmberger, Schwarzbergerhof

„Ein Projekt, das uns auch in 100 Jahren noch Spaß macht.“
Christian Wall, Schwarzbergerhof

Das oberösterreichische Mühlviertel gilt als Wiege des Biolandbaus, das ökologische Bewusstsein ist hier besonders stark verankert. Die Topografie will es, dass in der Region vor allem bergbäuerliche Strukturen entstanden sind, das Gros der Landwirte setzt auf Rinderhaltung, gefolgt von Hopfen und Bergkräuter. Edmund Wall hat sich für seinen Traum vom eigenen Bio-Bauernhof einen der malerischsten Plätze des Mühlviertels ausgesucht, der unverbaute Blick auf die Burgruine Ruttenstein ist unbezahlbar. Gut 20 Jahre hat der Bauunternehmer gesucht, bis er vor sechs Jahren den Jahrhunderte alten Schwarzbergerhof in Schönau im Mühlkreis in der Gemeinde Pierbach übernahm. Was einst als Familienprojekt begann, umfasst heute 50 Hektar Land inklusive eigener Schlachtung, Metzgerei mit Reife- und Selchraum, Produktionsküche, Kochschule, Hofladen, Holzofen-Backstube, Schnaps- und Bierbrennerei, Weinkeller und Gästezimmer. Die Nachfrage von Freunden, ob sie über den Hof in Zukunft ihr Fleisch beziehen können, ließ das Projekt mit den Jahren weit über den Eigenbedarf hinaus wachsen. Trotz der stattlichen Größe soll der Schwarzbergerhof für Edmund Wall und seinen Sohn und Junior Chef Christian aber nicht zum Fulltimejob werden, das bleibt auch weiterhin die eigene Baufirma im oberösterreichischen Perg. Stattdessen vertrauen sie ihren Betrieb einem erfahrenen, 12köpfigen Team an. Die landwirtschaftliche Leitung hat Christoph von Hohberg übernommen, der über einen Aushang auf der BOKU in Wien auf die Stelle aufmerksam wurde und aus seiner Zeit bei den Hermannsdorfer Landwerkstätten das nötige Bewusstsein und die Leidenschaft für die Idee der Familie Wall mitbringt: Die Produktion von Gourmet-Biofleisch auf humane Art und Weise.

Schwarzbergerhof Schwarzbergerhof

Bereits seit 2012 leben am Schwarzbergerhof nun schon alte und nur mehr wenig verbreitete, langsam wachsende Tierrassen: 60 Weideschweine (Turopolje, Duroc und Schwäbisch-Hällische), eine 80köpfige Sikawild-Herde und 60 Freilandrinder (Waldviertler Blondvieh, Angus und Murbodner). Hinzu kommen 350 Wildschweine, die in einem 160 Hektar großen, unberührten Eichenwald im Weinviertel beheimatet sind. Die Tiere werden da wie dort freilaufend im natürlichen Herdenverbund gehalten, zu fressen bekommen sie naturreines Futter aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft, frei von Soja, Mais oder künstlichem Kraftfutter. Wer sich am Anblick junger Ferkel erfreuen möchte, die grunzend und mit den Hinterläufen ausschlagend über Weiden springen, ist hier richtig. Stress scheint am Hof ein Fremdwort zu sein, für die Tiere ebenso wie für den Menschen.

Schwarzbergerhof Schwarzbergerhof

Geschlachtet wird am Schwarzbergerhof immer montags zeitig in der Früh von Metzgermeister Michael Hackl. Das er seinen Arbeitsplatz trotz fertiger Baupläne frei mitgestalten durfte, verdankt er einer flexiblen und entspannten Familie Wall. Wo ursprünglich nur Räumlichkeiten für eine Gläserproduktion vorgesehen waren, hat Michael nun auch ausreichend Platz für die Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren. Wer möchte, kann ihm dabei durch großzügige Glasfenster zusehen, angefangen bei der Schlachtung bis hin zur Verarbeitung des Tieres in der Produktionsküche, in der Michael an den jungen Küchenchef David Krieger übergibt. Dieser produziert derzeit 24 Biogerichte im Glas wie Aufstriche, Schmalze, Fonds, Bratenjus, Currys und Klassiker wie Gulasch, Rindsrouladen, Ragouts und Sugos. Nebenher verwirklicht sich der Jungkoch eine Etage höher in der voll ausgestatteten Kochschule mit angeschlossenem Gastraum, in dem Gäste, die über Nacht bleiben, ein herzhaftes Bauernfrühstück serviert bekommen – selbstgebackenes Brot aus der Holzofen-Backstube von Bäckermeister Simon Wöckl inklusive.

Schwarzbergerhof Schwarzbergerhof

In seiner jetzigen Größe hat der Schwarzbergerhof seine Kapazitäten für die Tierhaltung voll ausgeschöpft, nur in der Produktion wäre noch eine Verdoppelung möglich. Dennoch schmiedet Familie Wall eifrig Pläne für die Zukunft: Ein Geflügelhof in unmittelbarer Umgebung soll’s werden, die Lederproduktion verzögert sich derzeit eigentlich nur aus Mangel an einer passenden Gerberei, die Pasta-Produktion steht kurz vor ihrer Umsetzung und das Bio-Hundefutter, das aktuell noch im wenige Kilometer entfernten Bad Zell aus den Tierabfällen des Schwarzbergerhofs produziert wird, könnte man in absehbarer Zeit eigentlich auch gleich selber erzeugen. Zeit für die Umsetzung ihrer Vorhaben bleibt Familie Wall jedenfalls genug, soll der Hof doch in ihrem Besitz noch über Generationen bestehen bleiben und das Bewusstsein für ein würdevolles und respektvolles Zusammenleben von Mensch und Tier an die Nachkommen weitergegeben werden. „Des muas 100 Jahr‘ halten“, wie Edmund Wall während der Bauphase zu sagen pflegte – oder auch gerne noch einige Jahrhunderte länger.

Schwarzbergerhof

Ragout vom Sikawild an Speckbuchtel & Rotkraut-Frühlingsrolle

 Zutaten für 4 Personen:

600 g Wadschinken vom Sikawild
200 g Zwiebel
75 g Sellerie
75 g Karotten
700 ml Rotwein
1 l Wild- oder Rinderfond
2 EL Tomatenmark
10 g Schokolade
3 EL Preiselbeeremarmelade
1 EL Knoblauch
1 TL Salz
1 Prise Pfeffer
1 Prise Muskat
1 Prise gemahlener Kümmel
Pflanzenöl

Zubereitung:

Den Wadschinken in 2-3 cm große Würfel schneiden. Zwiebel schälen und klein würfeln. Öl in einem Schmortopf erhitzen und das Fleisch bei starker Hitze kurz von allen Seiten anschwitzen, mit Salz, Pfeffer und gemahlenem Kümmel würzen. Fleisch aus dem Topf nehmen, Hitze reduzieren und Zwiebel langsam rösten. In der Zwischenzeit Sellerie und Karotten schälen und klein würfeln.

Wen die Zwiebeln eine schöne braune Farbe angenommen haben, Fleisch wieder hinzufügen, Tomatenmark unterrühren und kurz mitbraten. Mit Rotwein ablöschen und einreduzieren. Den Ansatz mit Wild- oder Rinderfond soweit aufgießen, dass alles schön bedeckt ist, Knoblauch und Muskat hinzufügen und das Ragout bei kleiner Hitze schmoren lassen. Sellerie und Karotten ca. 15 Minuten vor Ende der Garzeit hinzufügen.

Wenn das Fleisch den gewünschten Garpunkt erreicht hat, Preiselbeermarmelade und Schokolade einrühren und das Ragout final abschmecken.

Rotkraut-Frühlingsrolle

Frühlingsrollenteig
500 g Rotkraut
100 g Zwiebel
500 ml Rotwein
1/2 TL Zimt
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer
2 EL Zucker
1 l Orangensaft
2 EL Preiselbeeren
2 Eiklar
500 g Kokosfett
Butter
Pflanzenöl

Zubereitung:

Rotkraut halbieren, den Strunk entfernen und in 5 cm lange, dünne Streifen schneiden. Zwiebel schälen, fein würfeln und in einem Topf bei mittlerer Hitze gleichmäßig in einem Öl-Buttergemisch anschwitzen. Rotkraut hinzufügen, mit Salz und Pfeffer würzen und kurz mitdünsten. Mit Zucker bestreuen, kurz mitrösten und alles mit Rotwein und Orangensaft ablöschen bzw. aufgießen. Preiselbeermarmelade und Zimt unterrühren. Rotkraut köcheln lassen, bis die ganze Flüssigkeit verkocht ist. Bei Bedarf nachwürzen und das fertige Rotkraut auskühlen lassen.

Frühlingsrollenteigblätter nacheinander einzeln auflegen und am Rand mit verquirltem Eiklar einstreichen. Auf die untere Hälfte mittig ca. 2 EL Rotkraut geben, dabei an den Rändern 1-2 Finger breit freilassen. Den Rand links und rechts und unterhalb vom Rotkraut zur Mitte hin einschlagen und vom Körper weg eng zusammenrollen. Die fertigen Frühlingsrollen ca. 4 Stunden einfrieren und vor dem Servieren in heißem Kokosfett goldbraun frittieren.

Speckbuchtel (10 Stk. á 47,5 g)

250 g Weizenmehl
60 g Eier
50 g Milch
30 g weiche Butter
30 g Zucker
3 g Salz
10 g Germ
5 g Vanillezucker
25 g gekochte Erdäpfel
5 g Honig
2 g Rum
Zitronenschale
50 g Zwiebel
50 g Speck
1 Ei
Schlagobers
Butter zum Einfetten der Form(en)

Zubereitung:

Milch mit Zucker leicht erwärmen, Germ einrühren und mit einem Teil des Mehls zu einem Dampfl verrühren. Mit etwas Mehl bestäuben und 15 Minuten ruhen lassen. Restliches Mehl, Eier, Butter, Salz, Vanillezucker, zerstampfte Erdäpfel, Honig, Rum und Zitronenschale hinzufügen und alles zu einem glatten Teig kneten. Mit einem Küchentuch abdecken und 30 Minuten rasten lassen.

Speck und Zwiebel fein schneiden und bei schwacher Hitze in einer Pfanne ohne Fett knusprig braten. Germteig in 10 Portionen á 40-50 g teilen, mit der Hand zu flachen „Talern“ formen, mittig 1 TL der Speck-Zwiebelmischung platzieren und zu Buchteln formen. Die gefüllten Buchteln nebeneinander in eine gebutterte Backofenform setzen und kurz vor dem Backen mit einer Mischung aus Ei und einem Schuss Obers bestreichen. Backdauer in Einzelförmchen (z.B. Weck Gläser) bei 175 Grad ca. 12 Minuten, bei mehreren Buchteln zusammen in einer Form bei 160 Grad 20-25 Minuten.

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