Der Berg ruft

"Alpine Jakobsmuschel", Andreas Döllerer

Und Andreas Döllerer antwortet: Mit Teig aus Gletscherschliff und alpiner Jakobsmuschel aus Rindermark. Cuisine Alpine in Reinform.

Text · Sonja Planeta
Fotos · Rolling Pin (stage), www.captivo.at (food)

„Wir machen aus dem alpinen Ding kein Dogma.“
Andreas Döllerer, Döllerers Genusswelten

Wer am Wochenendmarkt an einem Stand mit Gletschersand vorbei kommt, denkt wohl in erster Linie eher an einen Dekoartikel als an eine Küchenzutat. Andreas Döllerer, mit 18 Gault Millau Punkten dekorierter Haubenkoch aus Golling in Salzburg, fand in dem unscheinbaren Produkt hingegen eine seiner mittlerweile wichtigsten Grundzutaten für sein Gericht „Gletscherschliff“: In Sandteig gebackene Fenchelknolle, die nach eineinhalb Stunden aus dem hart gewordenen Teig herausgelöst und mit Kaviar von Walter Grüll aus Gröding im Salzburger Land, „Sand“ aus Malz und Sauerrahmeis serviert wird. Ein klassischer Fall von „trial and error“, erzählt Döllerer, bis er die richtige Zusammensetzung des Teiges schließlich perfektioniert hat. „Gemüse mit Schichten, also etwas Zwiebel oder eben auch Fenchel, sprechen am meisten auf den mineralischen Geschmack des Sandteigs an“, so Döllerer bei seiner Cooking Demonstration im Rahmen der CHEFDAYS 2016 in Graz.

"Gletscherschliff", Andreas Döllerer"Gletscherschliff", Andreas Döllerer

Andreas Döllerer hat sich bereits vor über zehn Jahren der regionalen Küche verschrieben und sich mit seiner „Cuisine Alpine“ auch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht. „Die alpine Küche hat eine große Tradition und steht oft für einfache, bäuerliche Gerichte“, erklärt er. Seine Cuisine Alpine, die er Gästen wahlweise in seinem Gourmetrestaurant oder in traditionellerer Form im Wirtshaus serviert, sei allerdings mehr als Regionalküche: „Wir arbeiten mit Produkten, die die Alpen speziell hergeben, etwa Wildpflanzen und Gesteinsmehl.“ Die Küche werde dabei stark den Produkten untergeordnet, wobei Döllerer stets nach den besten Zutaten sucht und diese so gut wie möglich in Szene setzt. „Wir sind in dieser Hinsicht weltoffen, unsere Produkte aber immer alpin.“ Womit der gebürtige Salzburger auf seine „alpine Jakobsmuschel“ anspielt: „Wenn man eine Jakobsmuschel in Scheiben schneidet, gleicht ihre Konsistenz einer Scheibe Rindermark – so entstand unsere Idee einer alpinen Abwandlung.“ Angerichtet wird das Markstück, das von einer Kreuzung aus Wagyu Rind und Jersey Kuh stammt, mit kurz gegrilltem Spitzkraut, einer Creme aus geräuchertem Eigelb, zwei Punkten mit Ochsenmarkfett statt Öl gebundener Mayonnaise, selbst fermentiertem Knoblauch und Dashisud. Das einzig „Echte“ an der alpinen Jakobsmuschel ist nur die Muschelschale, in der das Gericht serviert wird.

"Gletscherschliff", Andreas Döllerer"Alpine Jakobsmuschel", Andreas Döllerer

Ein weiteres Beispiel, das die Nähe zum alpinen Raum gut wiederspiegelt, sei laut Döllerer sein Gericht „Huchen von der Lerchenmühle“: Dabei wird der Süßwasserfisch mit einer in Ochsenmarkfett konfierten und mit Riesling, Essig und Salz marinierten Purple Haze Karotte sowie Öl vom gelben Enzian kombiniert. „Die Alpen können auch rauher, bitterer sein. Dafür steht das Enzianöl, für das wir die Wurzel in neutralem Öl einlegen. Das Öl wird dadurch sehr bitter, daher gut dossieren!“ Abgerundet wird das Gericht mit Grammeln, Croûtons vom Tauernroggenbrot und dem Saft der Purple Haze Karotte. „Eine sehr feine Kombination, die durch das Öl und die Grammeln eine kräftige Note erhält.“

"Huchen von der Lerchenmühle", Andreas Döllerer"Huchen von der Lerchenmühle", Andreas Döllerer

Döllerers aktuellster Clou: Der Hauptgang seines Menüs, derzeit ein reiner Gemüsegang. „Das Haus, in dem sich unsere Restaurants befinden, wurde 1909 von meinen Urgroßeltern gekauft und war schon damals eine Kombination aus Fleischerei und Wirtshaus. Ich bin dort aufgewachsen, Fleisch war immer ein Thema“, so Döllerer. Dass ein Gang aber auch gänzlich ohne Fleisch auskommen und dennoch Anklänge desselbigen aufweisen kann, beweist er mit „Sellerie, Wilder Broccoli & Wiesenchampignons“: bestehend aus in brauner Butter geschmortem Sellerie, in Olivenöl sautiertem wilden Brokkoli, roh gehobelten Wiesenchampignons, frittierten Brokkolispitzen und Röstzwiebeln. „Dazu servieren eine Sauce, die sich wie Kalbsjus isst, aber kein Fleisch enthält.“ Hergestellt wird der Jus stattdessen aus Knollensellerieschalen, die erst geröstet und anschließend mit Wasser aufgekocht und entsaftet werden. Der Geschmack des Salzburger Landes par excellence.

"Sellerie, Wilder Broccoli & Wiesenchampignons", Andreas Döllerer"Sellerie, Wilder Broccoli & Wiesenchampignons", Andreas Döllerer

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