Boeuf Bourguignon à la {Julia Child} mit selbstgemachtem Baguette

Boeuf Bourguignon

Schmorgerichte brauchen zwar ihre Zeit, das zarte Fleisch und die herrlich aromatische Sauce machen aber jeden Aufwand wett.

Ich hatte in der Schule fünf Jahre lang Französisch und kann euch heute nur noch sagen, wie ich heiße, wo ich wohne und euch bei einer Stadtführung durch Wien auf die Fiaker im Straßenverkehr aufmerksam machen. Dabei hatte ich anno dazumal die komplette Ringstraße auf Lager, jedes einzelne Gebäude und selbst eine Kurzgeschichte über das Maria-Theresien-Denkmal zwischen dem Natur- und Kunsthistorischen Museum wäre drin gewesen. Aber nein, das einzige was dauerhaft hängen bleibt, ist „C’est un fiacre devant nous. Les touristes aiment a promener avec le fiacre mais pour la circulation c’est trés embêtant.“ Der Wahnsinn, oder? Als würde man diesen Satz permanent brauchen. Wenn interessiert es schon, wo der Stephansdom ist, ob man zur U-Bahn vorne links oder rechts abbiegen muss oder ob der Apfelstrudel im Café Central oder im Café Korb besser ist? Hauptsache unsere französischen Gäste übersehen nicht, dass wir nach wie vor Pferde vor Kutschen spannen. Boeuf Bourguignon habe ich aber trotzdem verstanden, keine Sorge, da kommt jetzt nicht irgendein zusammengepanschtes Rezept. Das weiß man als Hobbyköchin zur Not nämlich auch ohne Französischkenntnisse. Und wenn nicht, hilft Julia Child mit englischen Übersetzungen nach, also spätestens bei Beef Stew in Red Wine with Bacon, Onions and Mushrooms sollte es dann klingeln.

Boeuf Bourguignon für 4 Personen:

Eine kleine Anmerkung zur Fleisch- und Weinauswahl:
Ihr wisst, dass ich die Qualität meiner Zutaten normalerweise nicht explizit hervorhebe, aber bei diesem Gericht möchte ich eine Ausnahme machen. Boeuf Bourguignon ist banal gesagt „Fleisch in Rotwein“. Mehr passiert da nicht, es gibt kaum andere Zutaten. Daher ist es mir persönlich wichtig, hochwertige Produkte zu verwenden, nämlich einmal Bio-Rindfleisch (von Harbich’s Weidebeef, wer’s genau wissen möchte) und einmal Rotwein, der ein paar Euro mehr kostet als der Durchschnitt. Denn damit steht und fällt das ganze Gericht, glaubt mir, sonst war all der Aufwand umsonst. Mit den paar Gewürzen, Speckstreifen, Champignons und Schalotten, die ebenfalls ins Essen kommen, könnt ihr nämlich niemals retten, was „schlechtes“ Fleisch und billiger Wein verbockt haben. Und jetzt ab in die Küche und los geht’s:

1 kg (mageres) Rindsschulterscherzel
150 g durchzogener Speck
2 mittelgroße Karotten
1 Zwiebel
1 EL Olivenöl
2 EL Mehl
1 TL Salz
1/4 TL Pfeffer
1 Flasche (750 ml) vollmundiger Rotwein (z.B. Burgunder oder Bordeaux), davon 625 ml für das Boeuf Bourguignon und 125 ml für den/die Koch/Köchin
500-600 ml Rindssuppe
1 EL Tomatenmark
2 Knoblauchzehen
1/2 TL Thymianblätter
1 Lorbeerblatt

Oignons glacés à brun (geschmorte Zwiebeln):
16-20 kleine Schalotten (ich weiß, Schalotten sind generell klein, aber ich meine die wirklich kleinen der kleinen)
2 EL Butter
1 EL Olivenöl
150 ml Rindssuppe
2-4 Petersilienstängel (je nach Größe)
1/2 Lorbeerblatt
1/4 TL Tymianblätter
Salz, Pfeffer

Champignons sautés au beurre (geschmorte Champignons):
400 g kleine Champignons
1 EL Butter
1 EL Öl
Salz, Pfeffer

Rotweinachterl (125 ml) einschenken; zum Wohl!

Ofen auf 240°C vorheizen. Speck in ca. 0,5 x 4 cm lange Streifen schneiden, in einem kleinen Topf in 700 ml Wasser aufkochen und 10 Minuten köcheln lassen. In der Zwischenzeit das Fleisch abspülen, trocken tupfen und in ca. 4 x 4 cm große Würfel schneiden. Karotten schälen und in Scheiben schneiden. Zwiebel schälen und klein würfeln. Speck abgießen und mit Küchenpapier trocken tupfen.

Öl in einem großen Schmorrtopf erhitzen und die Speckstreifen 2-3 Minuten anbraten. Mit einem Schaumlöffel herausheben und auf einem Teller zur Seite stellen. Fleischwürfel portionsweise kurz anbraten, bis sie rundherum gebräunt sind. Dabei ist es wichtig, dass das Fleisch zuvor wirklich ordentlich trocken getupft wurde und das Öl sehr heiß ist. Fleisch herausnehmen und zum angebratenen Speck legen. Zwiebel- und Karottenstücke ebenfalls kurz anbraten und den Schmorrtopf vom Herd nehmen. Speck und Fleisch wieder zum Gemüse in den Topf geben, salzen, pfeffern und das Mehl unterrühren. Im vorgeheizten Ofen auf mittlerer Schiene 4 Minuten ohne Deckel braten, Topf herausnehmen, einmal gut umrühren und noch einmal für 4 Minuten zurück in den Ofen stellen. Temperatur auf 160°C reduzieren und den Schmorrtopf wieder auf den Herd stellen. Wein, Suppe, Tomatenmark, Thymian, Knoblauch (geschält und im Ganzen zerdrückt) und Lorbeerblatt hinzufügen, gut verrühren, aufkochen und anschließend zugedeckt im unteren Ofendrittel für 3-3,5 Stunden schmorren (die Flüssigkeit soll dabei leicht köcheln).

Rund 1,5 Stunden vor Ende der Schmorrzeit Champignons putzen und je nach Größe ganz lassen, halbieren oder vierteln. Butter und Öl in einer Pfanne erhitzen und die Champignons gleichmäßig braun anbraten. Salzen, pfeffern und bis zur weiteren Verwendung warm halten.

Schalotten schälen und in einer Pfanne in Butter und Öl bei mittlerer Hitze ca. 10 Minuten anschwitzen. Suppe, Petersilie, Lorbeerblatt und Thymian (wenn ihr wollt in einem Gewürzsäckchen, muss aber nicht sein) hinzufügen und zugedeckt ca. 30 Minuten schmoren. Die Schalotten sollen weich sein, aber nicht zerfallen.

Das Fleisch ist fertig, wenn es sich mit einer Gabel leicht zerteilen lässt. Julia Child möchte nun, dass man zuerst das Fleisch und alle anderen Zutaten aus dem Saft in einen anderen Topf hebt, dann das Fett aus dem Saft herausfiltert und diesen anschließend je nach Konsistenz entweder bei starker Hitze rasch eindickt bzw. mit Wasser bzw. Suppe verdünnt. Wenn ihr jedoch ein (sehr) mageres Fleisch verwendet habt, könnt ihr diese Schritte auslassen, da der Fettanteil im Saft gering und seine Konsistenz optimal ist. So war es zumindest bei mir. Am besten ist es also, wenn ihr das fertig geschmorte Fleisch auf Tellern anrichtet, dieses mit den geschmorten Champignons und Schalotten garniert, das Ganze mit ausreichend Saft übergießt und es euch schmecken lasst.

Nach einem Rezept von Julia Child aus „Mastering the Art of French Cooking“, Volume One, S. 333ff (Boeuf Bourguignon), S. 512f (geschmorte Schalotten) und S. 544f (geschmorte Champignons). Wer das Buch nicht zu Hause hat, kann das Originalrezept auch hier als .pdf downloaden.

Baguette, Zutaten für 3 kleine Brote:
(eigentlich für 2, aber die Dinger gehen so dermaßen auf, da kann man ruhig drei Stück d’raus machen)

Auch hier eine kleine Anmerkung:
Trickst nicht mit den Zeiten. Ich habe es neulich versucht, weil ich die Baguettes schneller fertig stellen wollte und habe deshalb die Gehzeiten gekürzt. Schlechte Idee, das rächt sich nämlich später bei der Konsistenz: Die Brote werden innen nicht locker-fluffig, sondern „teigig“. Also immer mit der Ruhe…

Vorteig:
2,5 g frischer Germ
150 ml kaltes Wasser
150 g Mehl

Germ in eine Rührschüssel bröckeln, mit kaltem Wasser übergießen und darin auflösen. Mehl hinzufügen und alles zu einem glatten (feuchten, klebrigen) Teig kneten. Schüssel mit Frischhaltefolie abdecken und über Nacht im Kühlschrank oder bei Raumtemperatur 4 Stunden ruhen lassen.

Teig:
7 g frischer Germ
150 ml kaltes Wasser
1 EL Salz
1 EL Zucker
240 g Mehl

Germ in eine Rührschüssel bröckeln, Wasser hinzufügen und den Germ darin auflösen. Vorteig, Salz, Zucker und Mehl untermischen und alles zu einem glatten Teig verarbeiten. Falls der Teig zu klebrig ist, einfach weitere kleine Mengen Mehl untermischen. Schüssel mit einem Küchentuch abdecken und 1,5 Stunden gehen lassen.

Den Teig in 3 gleich große Stücke teilen. Jedes Teigstück auf einer bemehlten Arbeitsfläche mit den Handflächen und Fingern zu einem Rechteck (ca. 30 x 15 cm) formen, von der langen Seite her aufrollen und die Enden zu Spitzen formen. Die Baguettes leicht zwirbeln und auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen. Mit einem Küchentuch abdecken und erneut 1 Stunde gehen lassen.

Backofen auf 240°C vorheizen. Die Baguettes mit Wasser bestreichen und mit einem angefeuchteten Messer an der Oberfläche mehrmals schräg einritzen. In der Mitte des vorgeheizten Backrohrs einige Minuten backen, bis die Baguettes beginnen, Farbe anzunehmen. Ab dann die Temperatur auf 200°C reduzieren und die Brote fertig backen. Insgesamt sollen sie etwa 30 Minuten im Ofen sein. Wenn sie zwischendurch zu schnell dunkel werden, einfach das Backblech um eine Stufe tiefer setzen und die Baguettes mit einem Stück Alufolie locker abdecken.

Nach einem Rezept von Leila Lindhom aus „Backen mit Leila“, S. 166.

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14 Kommentare zu “Boeuf Bourguignon à la {Julia Child} mit selbstgemachtem Baguette

  1. Ja – das ist einfach ein Genuss. Man muss sich erst mal drüber trauen – aber wenn man es dann erstmal zubereitet und gegessen hat, will man Schmorgerichte eigentlich nur mehr, wenn alle Komponenten extra wir hier zubereitet und am Ende zusammen gefügt werden. (Das ist fast so wie mit dem ausgelösten Geflügel.)

    1. Schmorgerichte sind sowieso wie gemacht für Weihnachten, weil sie sich auch in aller Ruhe am Vortag zubereiten lassen und an Heilig Abend nur noch aufgewärmt und serviert werden müssen. Viel Spaß beim Nachkochen und schöne Weihnachten!

  2. Danke für das Rezept!
    Beim Rotwein steht „Burgunder oder Bordeaux“. Diese beiden Weine sind so ziemlich die äußersten Extreme, die es bei Rotweinen gibt: Burgunder ganz feingliedrig, dünne Traubenschalen, wenig Tannine; Bordeaux wuchtig und tanninhältig. Ich bin nicht sicher, wieviel Rolle die Art des Weins bei diesem Gericht spielt, aber wenn es Burgunder ODER Bordeaux sein kann, dann kann es gleichzeitig auch jeder andere (gut schmeckende) Wein sein.

  3. ich habe der film Julie&julia 365 tage… gesehen und gleich das buch „franzusisch kochen“ von Julia Child bestellt…mit begeisterung das Beef bourguignon a la Julia studiert und werde demnächst kochen…eigentlich das kochkunst ist allerhöchste können und Julia war eine echte meisterin, aber das wichtigste beim kochen ist die eigene liebe zum essen, liebe zum einkaufen und jeder stück aussuchen, farben und geschmäcke des lebensmittel gut kennen und richtig behandeln…das braucht zeit und geduld, mann studiert es…mann probiert es…kochen braucht gefühl…ich kenne leute, die teurer und luxsuriöse kücheneinrichtungen haben, aber von kochen – keine ahnung …und auch solche, die einfach in der wüste zwischen steine feuer machen, ein topf hinstellen und ein wunder meistern…kochen und essen, das ist überlebenskunst… als kinder schon tragen wir gerüche, formen, farben und geschmäcke von omas und mutters backofen, die ganzes leben unvergesslich bleiben…und sehnsucht nach verbleibt…mit übertragene koch-wissen von generation zu generation, die auch unsere menschliche zugehörigkeit bestimmt…zur eine famillie, ein ort, ein volk…

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